In der Stadtsenatssitzung vom 17. April 2015 wurde trotz deutlicher Bedenken seitens AbfallexpertInnen beschlossen, die Aktion „Plastiksackerlfreie Bauernmärkte“ der Landwirtschaftskammer Steiermark, bei der den StandbetreiberInnen Biokunststoffsackerln zur Verfügung gestellt werden, mit einer Förderung von insgesamt 6.000,- Euro zu unterstützen. „Das städtische Umweltamt als Fachabteilung für Belange der Abfallwirtschaft hat mit einigen Anmerkungen aus ökologischer und vor allem abfallwirtschaftlicher Sicht bekräftigt, dass dieses Projekt einen Ansatz in Richtung Bewusstseinsbildung, nicht aber die Lösung der Gesamtproblematik bieten kann und insbesondere darauf aufmerksam gemacht, dass es noch viele offene Fragen gibt, insbesondere was die Verwertungsschiene für Biokunststoffe anlangt“ (Zitat aus dem Stadtsenatsstück). Der Bioabfall der Stadt Graz wird im Sinne einer ökologischen Kreislaufwirtschaft einer landwirtschaftlichen Kompostierung zugeführt. Im Unterschied zu einer industriellen Kompostieranlage werden dabei weder die hohen Temperaturen noch eine ausreichende Verweildauer erreicht, um eine 100-prozentige Kompostierung von Biokunststoffen zu ermöglichen. Sämtliche (Bio)Kunststoffe müssen daher händisch aussortiert werden. Aus diesem Grund steht auch die Holding Graz dem - noch dazu geförderten - Einsatz von Bioplastiksackerln sehr skeptisch gegenüber und verweist darauf, dass „es besonders wichtig sei, dass der kompostierte Bioabfall aus Graz als „Qualitätskompost“ und „Gartenerde“ durch die Holding Graz und damit durch die Kreislaufführung in der Stadt möglichst frei an Störstoffen ist“. Hier würde nur eine getrennte Sammlung und eine eigene teure Verwertungsschiene für Biokunststoffe Abhilfe schaffen. In Kompostanlagen in Gärten ist die vollständige Kompostierung naturgemäß auch nicht einfach, es bleiben nach wie vor Mikropartikel im Kompost. Weiters ist für die KonsumetInnen eine Unterscheidung zwischen herkömmlichen „Kunststoffsackerln“ und „Biokunststoffsackerln“ schwierig, weshalb bei einer Empfehlung, Biokunststoffsackerln in der Biotonne zu entsorgen, eine hohe Fehlwurfquote entsteht, da vermehrt auch konventionelle Plastiksackerln eingebracht werden. Auch der Abfallwirtschaftsverband Graz-Umgebung hält in einer Stellungnahme zur Aktion „Plastiksackerlfreie Bauernmärkte“ fest: „Das große Problem der überall aufkeimenden Säcke, auf welchen „100% abbaubar“ steht, ist ganz klar die Verwirrung der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf die korrekte Entsorgung. Hier setzen wir mit der klaren Formulierung auf den begleitenden Foldern an, dass Säcke dieser Art als Verpackung im Gelben Sack/in der Gelben Tonne zu entsorgen sind.“ Letztlich tragen also auch die Biokunststoffsackerln wieder zum Müllberg statt zur Abfallvermeidung bei. Bei Mitsammlung im Restmüll wiederum werden Kunststoffe aller Art als „Leichtfraktion“ mechanisch aussortiert und der Verbrennung zugeführt, wobei die Biokunststoffe dort Probleme wie z.B. Verklebung der Anlage verursachen, wie auch das Umweltministerium bestätigt. Daher gibt es seitens des Grazer Umweltamts bis dato keine Verwendungsempfehlung oder Förderung von „Biokunststoffsackerln“. Auch der Abfallwirtschaftsverband Graz Umgebung hält fest, dass sich „an der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit von biologisch abbaubaren Säcken zweifeln lässt“ und weiter: „Ein wichtiger Aspekt für unsere Beteiligung (am Projekt „Plastiksackerlfreie Bauernmärkte“) in Bezug auf die Kommunikation an die Bürgerinnen und Bürger ist die Beratung betreffend Abfallvermeidung: die Kundinnen und Kunden sollen zur Mitnahme von Körben und wiederverwendbaren Säcken motiviert werden, die Verkäuferinnen und Verkäufer zum achtsameren Umgang mit Ressourcen.“ Die Bemühungen einzelner Unternehmen im Kampf gegen Plastikberge, welche ja aktuell auch in der sehr sehenswerten Ausstellung „Endstation Meer“ im Joanneum thematisiert werden, sollen mit diesem Antrag nicht geschmälert werden. An erster Stelle muss aber Abfallvermeidung stehen und nur dort, wo es keine Alternativen gibt, soll auf möglichst umweltschonende Verpackungsmaterialien zurückgegriffen werden. Die im Rahmen der Aktion „Plastiksackerlfreie Bauernmärkte“ verteilten Bioplastiksackerln wären aber leicht zu ersetzen. Die Landwirtschaftskammer setzt hier aber auf einen Marketing-Gag, packt das Problem nicht an, sondern täuscht den KonsumentInnen eine Lösung vor, die bei genauerem Hinsehen unter den derzeitigen Rahmenbedingungen keine nachhaltige ökologische Lösung ist. Trotz dieser vielen kritischen Stimmen und der Zusage der Landwirtschaftskammer, das Thema Abfallvermeidung zentral zu kommunizieren, lesen sich die Medienmeldungen vom letzten Wochenende ganz anders: „Plastiksackerln sollen durch umweltfreundliche und abbaubare Biotragetaschen ersetzt werden“, „nach 180 Tagen am Kompost sind sie (die Sackerln) vollständig verrottet“ oder „Ziel ist der Ersatz der Plastiksäcke durch umweltfreundliche, zu 100 Prozent biologisch abbaubare Biobags aus Kartoffelstärke“… Keine Rede davon, KundInnen zur Mitnahme von Körben oder wiederverwendbaren Säcken und die VerkäuferInnen zum achtsameren Umgang mit Ressourcen zu motivieren. Ganz abgesehen davon, dass die Aussagen zur Kompostierbarkeit im Kontext mit der landwirtschaftlichen Kompostierung der Stadt Graz nicht korrekt sind, wird auf das Thema Abfallvermeidung mit keinem Wort eingegangen. Dabei wäre es so einfach, mit jahrelang wieder verwendbaren Körben oder Stofftaschen die Einkäufe auf unseren Bauernmärkten und nicht nur dort zu erledigen. Es ist mittlerweile gerade auf Bauernmärkten durchaus schon üblich, sich die Ware in selbst mitgebrachte Gefäße abfüllen zu lassen und in zahlreichen Grazer Geschäften ist die Frage, ob ein Sackerl wirklich benötigt wird und dieses dann auch zu verrechnen, zur Normalität geworden. Daher stelle ich namens des Grünen Gemeinderatsklubs - ALG folgenden
Dringlichen Antrag
Der Gemeinderat der Stadt Graz möge beschließen, dass