Im Jahr 2009 wurde von der damaligen Frauenstadträtin Elke Edlinger in Zusammenarbeit mit dem Frauenrat, der über 50 Frauenorganisationen umfasst, eine Neukonzeption der Stelle der Unabhängigen Frauenbeauftragten vorgenommen und im Stadtsenat beschlossen.
Eines der, in dieser Neukonzeption festgelegten Tätigkeitsfelder war die in den letzten Medienberichten mehrmals zitierte Ombudsstellen-Tätigkeit die folgendermaßen definiert war: · Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen und –projekten, · Zusammenarbeit mit dem Frauenreferat, · Erstgespräche für hilfesuchende Frauen zur · Weiterleitung an die entsprechenden Fachstellen · Recherchen zu Problemlagen, die von Frauen herangetragen wurden · und Stellungnahmen bzw. Vermittlungsgesprächen zur Unterstützung von Frauen
Als eine weitere Hauptaufgabe der Unabhängigen Frauenbeauftragten wurde die Schnittstellentätigkeit zwischen Bürgerinnen, Verwaltung und Politik festgelegt, die auch ganz klar einen Fokus auf verstärkte Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit legt und wie folgt definiert wurde: · Analysen von strukturellen Problemstellungen (wie etwa in der Begleitung des Haus Graz—Prozesses, beim Initiieren von Modellprojekten im Bereich Frauenförderung im Haus Graz und bei der Bekämpfung von Sexismus in der Werbung erfolgt) · regelmäßige Berichte an Politik und Verwaltung (wie etwa durch die Mitarbeit am Grazer Menschenrechtsbericht erfolgt) · Vernetzungsarbeit (die neben Vernetzung innerhalb der Stadt auch als Vernetzung mit Frauenbeauftragten anderer Gebietskörperschaften erfolgt ist) und · Öffentlichkeitsarbeit
Als weitere Tätigkeitsbereiche wurden in der Aufgabenbeschreibung angeführt: · Geschäftsführung im Verein Grazer Frauenrat und · Vorsitz im Vereinsorgan Grazer Frauenrat, die auch die Koordination des Frauenrates und seine Vertretung nach außen umfassten.
Entsprechend dieser Aufgabenstellung wurden von der damaligen Frauenbeauftragten eine Reihe von konkreten Aktivitäten gesetzt, wie erwähnt die Mitarbeit am jährlichen Grazer Menschenrechtsbericht, die Beratungstätigkeit für Medien und Werberat in Fragen der Sexismus-Bekämpfung, die Mitarbeit im Pilotprojekt der GBG zur Frauenförderung über die Ausschreibung von Dienstleistungen, die Kooperation mit Gleichbehandlungsanwaltschaft und Antidiskriminierungsstelle u.v.m.
Die von Frauenstadträtin Martina Schröck gestern medial und mündlich angekündigte Neuausrichtung der Stelle mit einem Fokus auf die Ombudsfunktion und innerhalb der städtischen Strukturen gibt Anlass zur Sorge, dass sowohl die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Frauenbeauftragten in Gefahr ist als auch frauenpolitische Arbeit abseits von Einzelfallarbeit künftig nicht mehr erwünscht ist. Vielmehr wirkt es nach den vorliegenden Informationen so, als sollte die „Unabhängige Ombudsstelle“ auf Beratung und Einzelfallarbeit reduziert werden.
Diese Reduktion wäre aus mehreren Gründen problematisch. · Zum einen ginge damit eine unabhängige, parteifreie und überparteiliche Lobbying-Funktion für frauenpolitische Anliegen verloren, · zum anderen die nicht minder wichtige überparteiliche und über alle ideologischen und religiösen Grenzen hinwegreichende Vernetzungsfunktion. · Ein weiteres Manko wäre das Fehlen des wichtigen Aufgabenbereichs der Öffentlichkeitsarbeit, Medienpräsenz und damit auch der frauenpolitischen Bewusstseinsbildung.
Weiters muss in Frage gestellt werden, ob es wirklich sinnvoll ist, zu dem sehr professionellen Beratungs- und Qualifizierungsangebot für Frauen und Mädchen, das über drei Jahrzehnte von freien Trägerorganisationen in Graz aufgebaut und entwickelt wurde, eine städtische Beratungsstelle einzurichten.
Deshalb stelle ich namens der Gemeinderatsklubs der Grünen und der KPÖ den folgenden
Dringlichen Antrag
Der Gemeinderat der Stadt Graz bekennt sich zur Wichtigkeit einer unabhängigen und weisungsfreien Stelle mit den im Motivenbericht genannten Tätigkeitsbereichen, die strukturelle Defizite im Bereich Gleichbehandlung aufzeigt, regelmäßige unabhängige Berichte an Politik und Verwaltung liefert und auch öffentlich zu frauenpolitischen Problemstellungen Stellung bezieht, wie dies bisher durch die Unabhängige Frauenbeauftragte gewährleistet wurde.
Aus diesem Grund beschließt der Gemeinderat im Konkreten:
1. Frauenstadträtin Martina Schröck wird beauftragt, dem Ausschuss für Frauenangelegenheiten in seiner nächsten Sitzung ein Beschäftigungsmodell für die unabhängige Ombudsstelle zu präsentieren, das die Weisungsfreiheit und damit Unabhängigkeit dieser Stelle rechtlich verbindlich sicherstellt.
2. Die Besetzung der unabhängigen Ombudsstelle erfolgt wie bisher nach einer öffentlichen Ausschreibung.
3. Frauenstadträtin Martina Schröck wird beauftragt, gemeinsam mit dem Grazer Frauenrat als fachspezifischem Beirat der Stadt Graz ein Konzept für die inhaltliche Ausgestaltung dieser Stelle zu erarbeiten und im Ausschuss für Frauenangelegenheiten zu diskutieren, das zusätzlich zur medial bereits diskutierten Ombudstätigkeit auch die folgenden Punkte umfasst: · Vernetzung aller Frauenberatungseinrichtungen bzw. Frauenbereiche bei den Einrichtungen – über alle ideologischen und religiösen Grenzen hinaus, von Caritas, katholischen Frauenbewegung bis hin zu ÖH-Frauen und Gewerkschaftsgruppen · Koordination des Grazer Frauenrats und Vorbereitung/Organisation der Frauenratssitzungen · überparteiliche Öffentlichkeitsarbeit und überparteiliche kritische Begleitung der städtischen Politik hinsichtlich stadtpolitischer Frauenbelange, Gleichstellung und Frauenförderung · Initiieren von Projekten zur frauenpolitischen Bewusstseinsbildung und Antidiskriminierung und Fortführen bestehender Projekte · Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen zu diesen Themen · Schnittstellenfunktion zwischen Bürgerinnen, Beratungseinrichtungen, Verwaltung und Politik
4. Nachdem unabhängige Vernetzungs-, Öffentlichkeits- und Projektarbeit für die Umsetzung auch eigene finanzielle Mittel erforderlich macht, wird dem Ausschuss für Frauenangelegenheiten zusätzlich ein Konzept für ein solches Budget für Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit vorgelegt.