Initiative i453: Neuformulierung Programmpunkt Drogenpolitik
 Ja: 50 (93%) · Enthaltung: 2 · Nein: 4 (7%) · Angenommen
Letzter Entwurf vom 28.08.2012 um 18:12 Uhr · Quelltext · Zeige alle Versionen (2)

Der folgende Text möge den derzeitigen Abschnitt im Parteiprogramm zur Reform des Suchtmittelgesetzes ersetzen (dessen Beschluss leider unklarer Provenienz ist, siehe Begründung):

Antrag

Drogenpolitik

Grundlegendes

Derzeitige Situation

Die österreichische Drogenpolitik setzt seit Jahrzehnten fast ausschließlich auf das Mittel der Prohibition und verfolgt damit das unserer Ansicht nach unrealistische Ziel einer drogenfreien Gesellschaft. Dass dieses Vorgehen nicht zielführend ist, ist nicht einfach so aus der Luft gegriffen, sondern wurde auch von der international anerkannten Global Commission on Drugs unter der Leitung des ehemaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan bestätigt.
Heute wissenschaftlich als wenig sucht- und gesundheitsgefährdend belegte Stoffe bleiben verboten, während zugleich gefährlichere Substanzen wie Alkohol und Tabak in der Gesellschaft akzeptiert sind, ebenso phamazeutische Produkte mit hohem Suchtpotenzial. Es wird an Gesetzen festgehalten, die wenig wirkungsvollen Jugendschutz beinhalten, die tatsächliche Gefährlichkeit nicht berücksichtigen, Polizei und Gerichte überlasten sowie die Bürger Jahr für Jahr Unsummen an wirkungslos eingesetzten Steuergeldern kosten. Durch die Strafverfolgung werden Existenzen zerstört: Verlust von Arbeitsplatz, Wohnung, soziale Ausgrenzung, eine Vorstrafe, usw. stellen in den meisten Fällen eine unverhältnismäßige Bestrafung dar.
Nicht zu vergessen ist dabei die Rolle des organisierten Verbrechens; dieses wird durch die anhaltende Prohibition effektiv subventioniert – auch hier gilt es anzusetzen und den „Geldhahn“ abzudrehen.

Unser Zugang

Die Piratenpartei Österreichs steht für eine repressionsfreie Drogenpolitik und will ein Ende der gescheiterten Prohibition. Wir lehnen die heutige, wissenschaftlich nicht begründete und großteils historisch gewachsene Unterscheidung in legale und illegale Stoffe ab und fordern die objektive und vorurteilsfreie Bewertung und Handhabung aller psychoaktiven Substanzen alleine anhand ihres Sucht- und Gefahrenpotenzials. Die derzeitige nicht faktenbasierte Bevormundung Erwachsener beim verantwortungsvollen Umgang mit Rausch- und Genussmitteln widerspricht der Grundüberzeugung der Piraten bezüglich Freiheit und Selbstbestimmung und unserem Verständnis einer mündigen Gesellschaft. Die bisherige Kriminalisierung der Konsumenten muss beendet und der damit verbundene Schwarzhandel durch kontrollierte Erwerbsstrukturen ersetzt werden. So ergeben sich dann Rahmenbedingungen, die – anders als heute – viele Probleme beseitigen, die alleine auf Grund mangelnder Kontrolle von gefährlichen Beimischungen und fehlender Hygiene entstehen.

Hilfe statt Strafe

Prävention muss ehrlich und sachlich sein, um nachhaltig überzeugen zu können. Notwendige Regelungen im Rahmen einer neuen Drogenpolitik bedürfen der Einbeziehung aller Beteiligten und Betroffenen zur Gestaltung ideologiefreier und realitätsorientierter Konzepte. Gesetze, Verordnungen und Abgaberegelungen dürfen nur zum Schutz vor tatsächlichen Gefahren erlassen werden, nicht auf Grund ideologischer oder rein wirtschaftlicher Argumente. Ein barrierefreier und unzensierter Zugriff zu allen Informationen auch über Drogen ist jeder Bürgerin und jedem Bürger zu gewährleisten.

Jugendschutz

Die Piraten sprechen sich ausdrücklich für weit reichende Gesetze und Verordnungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen aus. Jede und jeder soll sich der Verantwortung bewusst sein, junge Menschen umfassend und faktenbasiert über die Gefahren des Rauschmittelkonsums zu informieren. Ein wirksamer Jugendschutz kann nachweislich nicht nur durch bloße Reglementierung und Verbote erreicht werden. Ein offener und sachlicher Umgang mit dem Thema in Form umfangreicher Aufklärungsmaßnahmen in Schulen und Freizeiteinrichtungen muss gesetzliche Regelungen ergänzen. Ein bereits im Kindesalter im Rahmen allgemeiner Persönlichkeitsausbildung vermitteltes selbstbestimmtes Verhalten schafft die Voraussetzungen, um auch diesen Herausforderungen und Reizen gefestigt begegnen zu können.

Forschung und Medizin

Die Piraten befürworten die Erforschung derzeit illegaler Stoffe zu therapeutischen Zwecken. Eine weitere Blockade wissenschaftlicher Arbeit lediglich aufgrund dogmatischer Argumente ist nicht länger hinnehmbar. Patienten sollen in der freien Wahl der Behandlung nicht eingeschränkt werden. Welche Substanzen zur Behandlung verwendet werden können, soll alleine Sache des geschulten, behandelnden Arztes und des aufgeklärten Patienten sein. Dabei muss umfassend über die Gefahren aller verwendeten Mittel aufgeklärt werden. Ein freier und selbstbestimmter Umgang steht nicht im Widerspruch zu Schutz, Prävention und Aufklärung.

Begründung

Dies soll eine sehr ausführliche Präambel zum Themenbereich Drogenpolitik darstellen, welcher in weiterer Folge durch Anträge der TF Reform des SMG erweitert wird. Diese Anträge werden einzelne Substanzen behandeln und je nach Sachlage ausfallen (siehe etwa https://lqfb.piratenpartei.at/issue/show/131.html und https://lqfb.piratenpartei.at/initiative/show/351.html zu Cannabis).
Der bisherige Text war dieser hier, wobei der auf Basis des BV-Beschlusses vom 27. August 2012 wegen unklarer Beschließung entfernt wurde (siehe https://ppoe.piratenpad.de/BV-Sitzung-2012-08-27 Zeile 183 ff.).
Nachweise zum Absatz „Derzeitige Situation“:
* http://www.globalcommissionondrugs.org/
* http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/drogen-ranking-alkohol-gefaehrdet-gesellschaft-mehr-als-heroin-a-726432.html
* http://cup.columbia.edu/book/978-0-231-14692-0/the-risks-of-prescription-drugs
* http://www.unodc.org/unodc/en/frontpage/2011/November/organized-crime-and-drug-trafficking-major-threats-to-international-peace-and-security.html