Initiative i3420: WHISTLEBLOWING: Wir Piraten fordern die Einführung eines umfassenden rechtlichen Schutzes für Whistleblower.
 Ja: 16 (41%) · Enthaltung: 35 · Nein: 23 (59%) · Nicht angenommen (Rang 2)
Diese Initiative
 
 
8(6+2)60(37+23)
 
 
Whistleblowing (Überarbeitung durch c3o, juli, Vilinthril)
Diese Initiative
 
 
20(13+7)17(7+10)
 
 
Whistleblowerschutz
Letzter Entwurf vom 11.08.2013 um 14:19 Uhr · Quelltext · Zeige alle Versionen (2)

Dies ist der Antrag, den Celibaste formuliert hat. Celibaste ist von 'Whistleblowing Austria', und es gibt deshalb niemanden in diesem Land, der diesen Antrag besser formulieren könnte. Der Antrag ist perfekt auf die rechtliche und politische Situation in Österreich zugeschnitten.

WHISTLEBLOWING

Wir Piraten fordern die Einführung eines umfassenden rechtlichen Schutzes für Whistleblower.

Freie Meinungsäußerung ist ein zentrales Anliegen der Piraten und Whistleblowing eine Form der Ausübung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf freie Meinungsäußerung.

Ein rechtlicher Whistleblower Schutz sollte darauf ausgerichtet sein, eine Alternative zum Verschweigen von Missständen zu ermöglichen und deren Offenlegung fördern.

Whistleblower sind Personen, die ihren Vorgesetzten, Behörden oder die Öffentlichkeit Missstände melden. Sie decken u.a. Korruption, sexuelle Übergriffe, Misshandlungen von Patienten sowie Sicherheits-, Gesundheits- oder Umweltrisiken auf.

Whistleblower informieren Dritte mit der Absicht, Personen vor Gefahr für Leib und Leben zu schützen oder einen rechtswidrig verursachten wirtschaftlichen Schaden von diesen oder der Allgemeinheit abzuwenden. Whistleblowing soll kein Anschwärzen oder Denunzieren von Arbeitskollegen sein.
 

Whistleblowing ist ein Akt der Zivilcourage, dennoch werden Whistleblower oft gemobbt, versetzt oder gar gekündigt. Zivilcourage darf aber nicht zu einem existentiellen Risiko werden.
 

Die Piraten beabsichtigen einen eigene Plattform - PirateLeaks - einzurichten, damit Whistleblower und Whistleblowerinnen vertraulich oder anonym ihre Anliegen im allgemeinen Interesse weiterleiten können.
 

Selbstverständlich geht das von Whistleblowern ausgeübte Recht auf Meinungsfreiheit mit Verantwortung und Verpflichtungen einher: Daher muss jeder Whistleblower und jede Whistleblowerin, die Informationen offenlegt, unter den gegebenen Umständen möglichst sorgfältig prüfen, ob diee auch den Tatsachen entsprechen.
 

Einen rechtlichen Schutz für Whistleblower gibt es in Österreich bisher in rudimentärer Form und dies nur für öffentlich Bedienstete, die auf Wirtschaftdelikte (Korruption, Veruntreuung, Amtsmissbrauch) hinweisen. Hinweise auf andere Rechtsverstöße wie Kindesmissbrauch oder Verletzung oder Patientenmisshandlungen werden von von der Schutzbestimmung nicht erfasst.
 

Unhaltbar ist, dass Arbeitern und Angestellten nach wie vor jeglicher Schutz gegen Entlassung, Kündigung, Versetzung und anderen Nachteilen versagt bleibt, wenn sie auf Korruption, Kartellverstöße und andere Wirtschaftsdelikte in ihren eigenen Betrieben hinweisen.
 

Wir Piraten fordern auch, dass jene Personen, deren Status mit jenen von Arbeitern oder Angestellten vergleichbar sind wie zum Beispiel Leiharbeiter und Praktikanten sollten bei Meldungen von Missständen vor Repressalien geschützt werden.
 

Die Piraten fordern , dass ein Straftatbestand für Repressalien gegen Whistleblower geschaffen wird.
 

Schliesslich fordern die Piraten die Einberufen der von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates verlangten „Europäischen Konferenz zum Schutz von Whistleblowern“.
 

Es ist sehr bedauerlich, dass Österreich in den vergangenen Jahren in einigen wesentlichen Bereichen nur über Druck internationaler Institutionen bereit war, kriminellen Machenschaften einen Riegel vorzuschieben. Von sich aus ist die Bundesregierung offenbar weder fähig noch willens, die Probleme zu erkennen und einer adäquaten Lösung zuzuführen. Die Whistleblower Regelung für öffentlich Bediensteten wurde nur deswegen geschaffen, weil die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) seit Jahren eine solche von Österreich gefordert hatte.

Es ist auch nur internationalen Verpflichtungen zu verdanken, dass Österreich einen Informantenschutz bei illegalen Schadstofffreisetzungen geschaffen hat. Obzwar die Bundesregierung bei Schaffung dieses begrenzten Schutzes erkannt hatte, dass „unlautere Geschäftspraktiken oder gesetzwidriges Verhalten zählen nicht zu den Umständen, an deren Geheimhaltung der Arbeitgeber ein objektiv berechtigtes Interesse hat“, war sie dennoch werde willens noch in der Lage dies zum Prinzip einer allgemeinen Whistleblower Schutzgesetzgebung zu machen.
 

BEGRÜNDUNG:

Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) verlangte in seinem Bericht aus 2008 die Einführung eines Whistleblowerschutzes für öffentlich Bedienstete. Erst vier Jahre später ist die Bundesregierung dieser Forderung nachgekommen, nachdem Österreich auch vom Europarat dafür kritisiert worden was, „//das Thema Whistleblowing durch das Prisma der Grundsätze und Traditionen des Amtsgeheimnisses zu betrachten//“ .

Bei der Einführung des Whistleblower Schutzes für öffentlich Bedienstete ab 01. Jänner 2012 waren grund- und menschenrechtliche Überlegungen der Bundesregierung nicht zu finden. Man wollte durch diese Regelungen bloß der seit 2008 geäußerten und wohl als lästig empfundene Kritik der GRECO den Wind aus den Segeln nehmen.

Schwerwiegend ist, dass die Bundesregierung den insbesondere Beamten gewährten Whistleblower Schutz nicht auf Arbeitnehmer im Privaten Sektor ausgedehnt hat.

Über das absolute Minimalerfordernis hinaus - mit Ausnahme der Einführung des Whistleblower Schutzes nicht nur für Beamte und Vertragsbedienstete, sonder auch Richter und Staatsanwälte - ist man weder qualitativ noch quantitativ hinausgekommen.

__Qualitativ__, weil man sich offenbar keine Gedanken zum Verhältnis von Meinungsfreiheit und Whistleblowing im allgemeinen gemacht hat, wiewohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Falle Heinisch erst im vergangenen Sommer auf diese Frage eingegangen ist.

__Quantitativ__, weil man sich nicht die Frage gestellt hat, ob man Hinweisgeber, die auch andere Straftaten als Wirtschaftsdelikte aufdecken, schützen soll (der GRECO geht es ja nur um Korruptionsbekämpfung). Dies hätte bedeutet, die Methode des des Whistleblowing bei Korruption zu einem allgemeinen Prinzip der Missstandsbekämpfung zu erheben.

Dies ist allerdings der Ansatz einer sogar im Inland ansässigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft, nämlich jenem der Whistleblower Schutzbestimmungen der Vereinten Nationen.

Dabei hatte die Bundesregierung selbst bei Einführung des Informantenschutz durch § 9b des Umweltinformationsgesetz (BGBl. Nr. 495/1993 idF BGBl. 128/2009) festgestellt, dass „unlautere Geschäftspraktiken oder gesetzwidriges Verhalten zählen nicht zu den Umständen, an deren Geheimhaltung der Arbeitgeber ein objektiv berechtigtes Interesse hat“.

Bei der Verabschiedung des Whistleblower Schutzes für öffentlich Bedienstete durchaus dessen bewusst, das der Europarat via GRECO nicht nur die Einführung von Whistleblower Regelungen zur Unterstützung der Korruptionsbekämpfung urgiert hatte, sondern dass er via Ministerkomitee ganz allgemein die Rolle von Whistleblowern als Teil des „medialen Ecosystems“ bei der Verteidigung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung hervorgehoben hatte. Der bei dieser Sitzung anwesende österreichische Minister hat daraus offensichtlich keinerlei Folgen gezogen.

Zudem hätte auch hier hätte der Fall Heinisch für die Bundesregierung aufklärend wirken können: Dort ging es nicht um das Aufdecken von Korruption sondern von mangelnder hygienischer Grundversorgung in einem Pflegeheim. Der EGMR merkte in diesem Zusammenhang an, das die von der Whistleblowerin Heinisch offengelegte Information über die Qualität of Mangelhaftigkeit der Pflege wesentlich gewesen sei, um weiteren Missbräuchen vorzubeugen.

Es wäre wohl insbesondere angesichts der in Österreich jüngst wieder ans Tageslicht gekommenen Kindesmissbrauch durch staatliche und kirchliche Institutionen, Whistleblower Regelungen nicht nur zur Eindämmung von Wirtschaftsdelikten, sondern auch von anderen Missständen einzuführen.

Ebenso wenig naheliegend war es für die Bundesregierung offenbar einen Blick nach Großbritannien zu werfen, wo Whistleblower ganz allgemein gesetzlich geschützt sind, d.h. nicht nur bei Offenlegung von Korruptionsdelikten sondern auch bei Offenlegung anderer rechtlicher Vergehen und Straftaten, einschließlich Umweltdelikten und unabhängig davon ob die Hinweisgeber Privatangestellte oder öffentlich Bedienstete sind.

Auch war die Bundesregierung seit Ende September 2011 über die OECD Leitlinien für einen Whistleblower Schutz unterrichtet, die sich für eine umfassende und gegen eine fragmentierte Gesetzgebung auf diesem Gebiet ausgesprochen hatten. Auch Sanktionen gegen diejenigen, die Vergeltungsmassnahmen gegen Whistleblower ergreifen, wurden von der OECD, das Österreich als Oase der Korruption bezeichnet hatte, empfohlen.

Schließlich hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarates in ihrer Resolution 1729 vom 29. April 2010 ebenfalls den Schutz von Whistleblowern gefordert. In ihrer Resolution 1916 verlangte sie die Einberufung einer „Europäischen Konferenz zum Schutz von „Whistleblowern“.

REFERENZ:

www.whistleblowing.at samt weitere verweise www.piratenpartei.de www.parlament.gv.at www.bka.gv.at www.bka.gv.at www.justiz.gv.at (siehe § 1 und §§ 78 bis 82) http://www.coe.int www.interaction.org (Punkt 7) assembly.coe.int www.parlament.gv.at www.oecd.org