Sehr geehrte Damen und Herren!
Das derzeitige Vergabemodell für Gemeindewohnungen geht auf die Achtzigerjahre (1989) zurück. Neben einigen geringfügigen Modifikationen hat dieses Modell bis heute Gültigkeit. Was einst vorbildhaft war und sich auch lange bewährt hat, entspricht heute nicht mehr den Anforderungen unserer Zeit, denn der rasche gesellschaftliche Wandel hat in den vergangenen Jahren auch zu gravierenden Veränderungen der Wohnbedürfnisse und damit zu neuen Gruppierungen von Wohnungswerbern geführt.
Immer mehr Alleinerzieher, die wachsende Anzahl an Großfamilien mit Migrations-Hintergrund, aber auch der stark zunehmende Anteil an Singles bestimmen heute die Nachfrage nach Gemeindewohnungen in Graz. In den Vergabekriterien haben diese Veränderungen der gesellschaftlichen und demografischen Bedingungen der vergangenen zwei Jahrzehnte jedoch kaum Niederschlag gefunden.
Dieses Festhalten am alten Vergabemodell bringt in der Praxis einige nachteilige Auswirkungen mit sich: Wartezeiten auf Gemeindewohnungen von bis zu zweieinhalb Jahren sind inzwischen längst keine Ausnahme mehr. Eine zunehmende Ghettoisierung in den Gemeindewohnbauten ist eine weitere Entwicklung, die durch das derzeitige Vergabemodell begünstigt wird.
Hinterfragt werden muss außerdem die Regelung, dass jeder neue Grazer/jede neue Grazerin sofort um eine Gemeindewohnung ansuchen kann (beispielsweise gilt in Wien eine mindestens einjährige Meldung des Hauptwohnsitzes als Voraussetzung für diesen Anspruch). Im Sinne einer sozialen Ausgewogenheit gilt es anzudenken, das kürzlich in Salzburg eingeführte Modell der periodischen Überprüfung der Einkommensverhältnisse der MieterInnen auch für Graz zu adaptieren.
Aus unserer Sicht ist das derzeitige Vergabemodell für Gemeindewohnungen in Graz nicht mehr dazu geeignet, dem ursprünglichen Ansinnen – Menschen mit Wohnraum zu versorgen, die am freien Markt keinen solchen bekommen können – in zufriedenstellendem Maße gerecht zu werden.
Damit Gemeindewohnungen heute und in Zukunft ihren Zweck erfüllen können, bedarf es seitens der Stadt Graz dringend einer Weiterentwicklung der Richtlinien und Vergabekriterien hinsichtlich der genannten Problembereiche.
Daher stelle ich namens des ÖVP-Gemeinderatsclubs folgenden
d r i n g l i c h e n A n t r a g:
Die für Gemeindewohnungen zuständige Stadträtin Elke Kahr und das Städtische Wohnungsamt werden ersucht, unter Einbeziehung der WohnungssprecherInnen aller im Gemeinderat vertretenen Fraktionen das derzeitige Vergabemodell der Gemeindewohnungen hinsichtlich der im Motivenbericht beschriebenen Herausforderungen zu prüfen und einen diesbezüglichen Ergebnisbericht bis spätestens Oktober 2013 dem Wohnungsausschuss vorzulegen.