==Wir brauchen aber etwas konkretes, damit sich die Leute etwas darunter vorstellen können== [https://forum.piratenpartei.at/thread-8652-post-76098.html#pid76098] [https://forum.piratenpartei.at/thread-8606-post-75250.html#pid75250] ''Text ist von Enterhaken'' Leute, Ihr könnt euch ja gerne weiter über Verzweiflung, Hoffnung und Neuanfang zerrinnen, euch vielleicht auch in Selbstmitleid suhlen, aber bitte gebt auch zumindest unseren Grundforderungen und ihrer Weiterentwicklung ein ganz kleines bisschen Raum. Sollten wir uns überhaupt wirklich vorrangig den Kopf über Wahlplakate und Haarfarben zerbrechen? Hätten uns die Leute plötzlich gewählt, wenn unsere Spitzenkandidaten mehr gegrinst hätten oder weniger bunt angezogen gewesen wären? Das glaube ich nämlich kaum. Hätten uns die Leute eher gewählt, wenn wir unsere Inhalte und Lösungen glasklar, griffig und konkret erklären und auf jede Frage eine einleuchtende Antwort geben hätten können? Ich glaube, eindeutig Ja! EIner der wichtigsten Themen im Wahlkampf war für an der Piratenpartei Interessierte das BGE. Das Thema "Bedingungsloses GrundEinkommen" wird ja auch ob dem mehr oder weniger schleichenden Arbeitsplatzabbau immer wichtiger und durch deren sozialer Auswirkungen immer drängender. Ich bin sogar der Meinung, dass dieses Thema das derzeit wichtigste der Menschheit ist. Es wird über Krieg und Frieden, über Sein oder Nichtsein entscheiden. Tatsache ist aber auch, dass in der Piratenpartei kaum jemand Auskunft geben kann, wie das konkret funktionieren soll. Die vergessenen Sozialabgaben im ZIB2-Interview haben mmn. nicht das Geringste mit schlechter Vorbereitung oder mangelnder Rhetorik zu tun. Wir haben das BGE schlicht noch nicht fertig und einführungsbereit ausgearbeitet. In Wahrheit haben wir zur konkreten Umsetzung nicht den Schimmer eines Planes, geschweige denn, dass wir ansagen könnten, was die ersten Schritte dazu sind und warum und dann noch einen der Skeptiker dazu bringen, diese zu beschreiten. Wir haben noch kein Konzept, geschweige denn ein leicht erklärbares. Vorschläge wie das "Ulmer Transfergrenzenmodell" kann nur jemand verstehen, der zumindest Grundkenntnisse in Volkswirtschaftslehre und Steuerrecht hat, doch ich fürchte, nicht mal die reichen aus. Wie sollte dazu ein einfacher Arbeiter jemals sein Ja geben können? Wie bekommen wir das BGE deppensicher erklärbar? Ich habe die Gründe für das BGE oftmals und vielen Leuten zu erklären versucht. So gut wie alle haben verstanden, was ich meine. Sehr viele Leute waren schlicht dagegen, weil sie der Meinung sind, dass man den anderen Leuten nichts schenken sollte. Dass Maschinen unsere manuelle Arbeit erledigen können und dass man in modernen Fabriken keine Arbeiter mehr an Fließbändern sieht, konnte aber zumindest nach kurzer Erklärung bzw. Diskussion keiner in Abrede stellen. In den Medien kam so gut wie nirgends vor, warum das BGE überhaupt eingeführt werden soll, was der eigentliche Hintergrund ist. Einzige Frage dazu vor allem von Medien und natürlich von den anderen Parteien, weil dadurch mit Zahlenspielereien am leichtesten angreifbar: Die Finanzierung. Auf diese Frage habe ich mich an den Infotischen und beim Flyern aber so gut wie nie eingelassen, weil ich sie in Wahrheit für die Unwichtigste am BGE halte. Innerhalb des Staates ist Geld nämlich ohnehin nur ein Informationsträger. Das Geld sagt aus, wer es verdient hat, Essen, Wohnen und andere (Luxus-)Dinge zu erhalten und wer nicht. In dieser Bedeutung sollte das BGE vor allem eines aussagen: Du darfst leben und zwar bedingungslos, wenn auch nicht viel mehr als das. Das versteht auch der einfältigste Sackerlpicker. Es ist die Verwirklichung des Prinzips Menschenrecht auf Existenz. Doch wie viel ist nötig zum Leben? Um eine inhaltliche Diskussion zu starten, werde ich am besten gleich konkret und pragmatisch einen Vorschlag bringen. Ich wünsche mir nämlich, Inhalte weiter zu bringen und nicht die Verpackung. Wenn der Inhalt passt, können wir uns um die richtige Verpackung am besten umschauen und werden am ehesten fündig, bin ich der Überzeugung. Für das BGE halte ich 800 Euro nämlich für zu viel um es einzuführen. Es mag unser Ziel sein, da 800 Euro, wenn man es durchdenkt, wirklich nicht viel zum Leben ist, aber es ist unrealistisch, die breite Bevölkerung dazu zu bewegen, ihre Zustimmung dazu zu geben. Die mehr oder weniger berechtigte Angst der Bevölkerung bzw. ihrer Vordenker ist, dass die Einführung dieses Betrages ein sofortiges Chaos losbrechen würde. Tatsächlich bringt das BGE grundlegende Umwälzungen in Gesellschaft und Wirtschaft mit sich. Denen sollte man aber auch die Zeit geben, sich ohne Verwirrung und Wahnsinn zu entfalten. Ich schlage daher vor, unsere Forderung zur Einführung des BGE auf 460 Euro zu reduzieren. Sämtliche andere Sozialeinrichtungen bleiben laut status quo erhalten, doch was immer ein Mensch an Sozialgeldern bekommt, dieser Betrag wird dann natürlich davon abgezogen und bedingungslos ausbezahlt. Also Pension, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder auch Krankengeld, aber auch etwaiger Unterhalt von Erwachsenen und Kindern sind dann um diesen Betrag pro Monat insgesamt einmal vermindert. Wem gar nichts zusteht, der bekommt immer zumindest das BGE. Was immer der Mensch an Lohn verdient, bleibt ihm zusätzlich voll erhalten. Nur Sozialgelder werden davon gekürzt. Oder sollen wir den Lohn dadurch auch kürzen lassen? Hätten wir da wieder die Angst vor der Schwarzarbeit? Der Benefit dieser Forderung ist, dass das BGE endlich einmal eingeführt ist und sich trotzdem sicher keine Katastrophen ereignen können. Im Groben bleibt nämlich alles beim Alten, die Finanzierung ist fast nur mehr das halbe Problem, wenn überhaupt, und damit ist den Skeptikern der wichtigste Wind aus den Segeln genommen: Die Angst der Leute vor dem BGE. Anschließend kann man beobachten, daraus lernen und es weiter entwickeln und natürlich schrittweise erhöhen. Diese Art der Einführung kann man auch nicht als Phantasterei abtun, weil es beim ersten Schritt mmn. im Vergleich zum Ist-Zustand kaum einen Anreiz gibt, sofort seine Arbeit fallen zu lassen, egal wie wenig man derzeit verdient. Was meint Ihr dazu? Dieser Vorschlag ist nicht als hop oder drop gemeint! Gefällt euch irgend was daran? Gefällt euch alles? Welches Detail daran wäre gut, weiter darüber zu diskutieren, was daran könnte man weiter entwickeln? Warum? Warum nicht? c3o schrieb: ''Man könnte auch die Notwendigkeit des BGE im Programm skizzieren, dann aber nicht die Einführung sondern erstmal die Durchführung/Finanzierung von Tests, Studien & Feldversuchen fordern.'' Wie sollte so ein Test, eine Studie oder ein Feldversuch aussehen? Ich kann mir so etwas nicht vorstellen, da diese Forderung nach Bedingungslosigkeit doch etwas ist, das ins Gesamtsystem eingebaut und für alle gelten muss, um seine Wirkung auch nur annähernd entfalten zu können. Das größte Hemmnis zur Einführung ist doch die Angst in der Bevölkerung vor dem Zusammenbruch des Systems. Wir sollten etwas fordern, wo jeder sagt: "Na gut. Dann probierts es halt mal. Ihr werdets schon sehen, dass es nichts bringt, aber bitte. Nichts dagegen." (Gestern 23:56)c3o schrieb: ''Die Deutschen skizzieren ja in ihrem Parteiprogramm: Parlamentarische Enquete, später Volksabstimmung zur Einführung.'' '' Ein Mini-/Sockel-BGE bringt halt weder Verwaltungseinsparungen noch Existenzsicherung.'' So wie ich das in meinen Gesprächen heraus gehört habe, wollen die meisten Bürger eben gerade keine Existenzsicherung fremder Leute. Eine Überlebenssicherung für seine Mitmenschen wiederum lehnt so gut wie niemand ab. Und zwar bedingungslos. Das sieht man auch an der Spendenfreudigkeit beispielsweise nach den Überschwemmungen. Verwaltungseinsparungen würde es insoweit geben, als sich viele Betroffene damit zufrieden geben würden und so die idiotischen AMS-Kurse für diese Leute wegfallen könnten. Derzeit ist es eben so, dass man als Arbeitsloser teilweise entweder relativ gemütlich leben kann (wenn man die Kurse über sich ergehen lässt und dort den Tag über abgammelt) oder man muss kriminell leben oder eben sterben. Dazwischen gibt es nichts. Vor allem auch für Leute, die der Meinung sind, dass sie aus ihrem Leben durchaus etwas besonders wertvolles machen können, wenn man sie nur eine Zeit in Ruhe daran nach eigenem Ermessen arbeiten lässt, auch wenn dieses Leben besonders entbehrungsreich ist, gibt es eben gar nichts. Stichwort auch neue Selbstständige. Selbst mit einer wirklich guten Idee ist das Risiko für solche Leute derzeit gigantisch. Entweder kompletter Erfolg oder für immer verschuldet/Privatkonkurs. Dazwischen gibt es gar nichts. Hier könnte das sanfte BGE einspringen. Eine klare Motivation, Erfolg zu versuchen. Wenn es nicht klappt, ist halt nichts weiter gewesen, als eine wichtige Erfahrung, dass die Idee wohl doch nicht so gut war, das Leben hart sein kann und man wohl wieder sich verdingen sollte, um halbwegs komfortabel leben zu können. Bitte merke: Ich schreibe das hier als bereits wichtige Argumente für die Bedingungslosigkeit. Eine solche Position lässt sich nämlich medienwirksam und zumindest nicht-leicht-angreifbar vertreten. (Gestern 23:56)c3o schrieb: ''Ich find, ein Feldversuch eines existenzsicheernden BGE (wie auch immer der genau ausgestaltet ist; ist natürlich nicht einfach), um endlich mal eine anschauliche Faktenbasis zu haben und nicht Kanada in den 70ern, Namibia und Lottomillionäre als Argumente referenzieren zu müssen, wäre sinnvoller.'' Aus den schon vorher angeführten Gründen sehe ich keine Möglichkeit, einen solchen Feldversuch zu starten. Ein sanftes BGE hingegen wäre mmn. sogar mit der Stimmung der derzeitigen Bevölkerung sofort mehrheitsfähig. Das derzeitige Konzept mit 800 Euro wird von der rechten Seite der Bevölkerung rundweg als Plemplem abgelehnt. Da wir keine Möglichkeit einer Demonstration bzw. eines Versuchs haben und auch nicht einmal Details nennen können, die 800-Euro-Variante sofort gefahrlos umzusetzen, sehe ich keine andere Möglichkeit, als etwas zu fordern, dass für die Skeptiker zwar immer noch schlecht ist, aber wo sie kein virtuelles Totschlagargument haben. Für mich ist vor allem wichtig, das Prinzip Bedingungslosigkeit in den Status Quo hinein zu bekommen. Die Rädchen justieren können wir dann immer noch. So wie ich das sehe, wird das Rädchendrehen durch den technischen Fortschritt und die derzeitigen Umwälzungen durch Globalisierung ohnehin von alleine gehen. Wenn nicht, werden wir eben hier den nächsten Schritt fordern und folglich leichter argumentieren können. Die vordringliche Idee meines Vorschlags ist es, den Fuß in die Tür zu bekommen. Mit der 800-Euro-Variante hingegen werden wir mmn. für lange Zeit draußen im Regen stehen gelassen.