Anfragebeantwortung der "Homosexuelle Initiative" (HOSI)
am 14.11.2013 um 18:01 Uhr

Antwort

Lieber Illionas!

Danke für Deine Anfrage über Facebook. Die HOSI Wien ist gegen die ersatzlose Streichung von § 207b StGB. Insbesondere die Bestimmung des Absatzes 3 (‚geschlechtliche Handlungen gegen Entgelt‘) muss unseres Erachtens erhalten bleiben, weil sie die einzige Bestimmung ist, die Freier mit Strafe bedroht, die mit minderjährigen Prostituierten verkehren. Eine Bekämpfung dieser Form der Ausbeutung von Minderjährigen erscheint uns ohne Strafdrohung für die Freier völlig aussichts- und wirkungslos. Es kann nicht angehen, dass über minderjährige Prostituierte eine Verwaltungsstrafe wegen illegaler Prostitution verhängt wird (weil erst ab Volljährigkeit erlaubt), während ihre Ausbeuter straffrei bleiben. Beim Absatz 2 (‚Ausnützung einer Zwangslage‘) wäre eine Streichung denkbar, wenn solche Umstände (z. B. illegaler Aufenthalt) durch andere strafrechtliche Bestimmungen abgedeckt sind, etwa Straftatbestände wie Menschenhandel oder Nötigung.

§ 207b wurde zwar 2002 im Zuge der Aufhebung des § 209 eingeführt, wir haben aber keine Informationen darüber, daß er selektiv nur gegen Schwule angewendet würde. Wir glauben auch nicht, daß dieser Paragraph von großer Bedeutung ist, kennen aber auch keine Statistiken dazu.

Es gab 2005 einen heterosexuellen Fall, der “merkwürdigerweise” mit Freispruch endete, wir haben das damals auch kritisiert:

http://www.hosiwien.at/hosi-wien-zum-%E2%80%9Efalter%E2%80%9C-bericht-uber-zwangsprostitution-%C2%A7-207b-stgb-muss-auch-fur-heterosexuelle-gelten/

Jedenfalls hätte damals den Freiern litauischer minderjähriger Prostituierter nicht einmal der Prozeß gemacht werden können, hätte es den § 207b nicht gegeben. Also wie gesagt: Die HOSI Wien ist gegen die ersatzlose Streichung!

Hoffe, diese Auskunft ist hilfreich. Bei Unklarheiten kannst Du uns natürlich gerne wieder kontaktieren.

Mit besten Grüßen

Kurt Krickler Generalsekretär

Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien – 1. Lesben- und Schwulenverband Österreichs Vereinszentrum „Gugg” Heumühlgasse 14/1, 1040 Wien

Tel. +43 (0) 664 57 67 466 kurt.krickler@hosiwien.at ZVR-Nr. 524 534 408, UID ATU64602914

www.hosiwien.at · www.regenbogenball.at · www.regenbogenparade.at · www.lambdanachrichten.at

Anfrage

https://www.facebook.com/illionas.elister 07.11.2013 09:19 Illionas Elister

Liebe HOSI!

Ich bin Mitglied der Piratenpartei Österreichs. Derzeit wird bei uns gerade über den Strafrechtsparagraphen 207b (der anscheinend als ersatz für den eindeutig diskriminierenden §209 dient). Einer Unserer User hat daher eine Initiative zur ergänzung unseres Programms eingebracht: https://liquid.piratenpartei.at/initiative/show/4063.html

Allerdings war/ist der Antrag leider noch nicht sehr gut argumentiert und wird daher kontrovers diskutiert, vor allem weil der neue Paragraph 207b ja *scheinbar* für alle beziehungsmodelle gleich angewandt wird. Auch ich war deswegen zuerst skeptisch, ob man tatsächlich fordern soll zB "die ausnützung mangelnder Reife" nicht mehr unter strafe zu stellen. Allerdings konnte ich davon überzeugt werden, dass es sich hier um gummiparagraphen handelt, die dazu dienen können zu diskriminieren.

Daher hätte ich eine Anfrage an euch. Ich würde gerne von euch wissen, oder in zusammenarbeit mit euch herausfinden, was ihr vom §207b haltet und ob ihr findet, dass dieser gestrichen oder repariert werden soll. Außerdem wäre interessant, ob ihr erfahrungen oder meldungen zur diskriminierenden auslegung des paragraphen habt, oder ob das spekulationen sind.

Ich freue mich auf eine Antwort, liebe Grüße, Illionas


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