Antrag
Gleichberechtigung und Diversität
Ersatzlose Streichung des § 207b StGB
Die Piratenpartei Österreichs fordert die ersatzlose Streichung des § 207b StGB. Er wurde explizit im Rahmen der Abschaffung des wegen Diskriminierung Homosexueller verfassungswidrigen § 209 StGB überhaupt erst eingeführt, und er wird überdurchschnittlich oft gegen homosexuelle Männer angewandt. Aus diesen Gründen ist der Paragraph stark im Verdacht, nur der verdeckten Diskriminierung Homosexueller zu dienen.
Begründung
§ 207b StGB besagt: "(1) Wer an einer Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und aus bestimmten Gründen noch nicht reif genug ist, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieser mangelnden Reife sowie seiner altersbedingten Überlegenheit eine geschlechtliche Handlung vornimmt, von einer solchen Person an sich vornehmen lässt oder eine solche Person dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. (2) Wer an einer Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unter Ausnützung einer Zwangslage dieser Person eine geschlechtliche Handlung vornimmt, von einer solchen Person an sich vornehmen lässt oder eine solche Person dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. (3) Wer eine Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unmittelbar durch ein Entgelt dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an ihm oder einem Dritten vorzunehmen oder von ihm oder einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen."
Der Verdacht, dass der § 207b von der Justiz als Ersatz für den alten § 209 instrumentalisiert wird, liegt schon allein deshalb nahe, weil hier offenbar oft ohne jeglichen Anfangsverdacht Ermittlungsverfahren eingeleitet werden und ca. 75 % der nach diesem Gesetz Verurteilten sowie 100 % der Inhaftierten, wegen männlicher homosexueller Handlungen belangt wurden. Dies kann kein Zufall sein. Grundsätzlich ist es nicht hinzunehmen, dass gleichgeschlechtliche Sexualität anders bewertet wird als verschiedengeschlechtliche Sexualität.
Auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber bis zum Fall des verfassungswidrigen Antihomosexuellen-Paragraphen § 209 StGB keine gesetzliche Notwendigkeit sah, ein vergleichbares Gesetz, etwa zum Schutze junger Frauen zu schaffen, dürfte selbst die Gutgläubigsten mißtrauisch machen und zeigt die Richtung, in die der Schlag von ÖVP und FPÖ damals zielte.
Zur Anregunng "konkretisieren": Im Prinzip habe ich es ja schon in der Begründung geschrieben - aber hier nochmal zwei Links dazu - das dürfte nun konkret genug sein. http://fm4v2.orf.at/burstup/118016/main http://www.rklambda.at/dokumente/news_2004/News-PA-Anfrage-JM-Stat-040914.pdf
Zur Anregunng "Begründung 10 Jahre alt, aktuelle Beispiele anführen": Auch durch intensives Suchen habe ich kein aktuelles Datenmaterial gefunden - offenbar fand es niemand der Mühe Wert, entsprechende Daten zu erheben oder zu veröffentlichen. Das sagt aber nur aus, dass eine parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung zu diesem Thema überreif ist. Leider gibt es ja keine Piraten im NR, aber vielleicht gibt es Abgeordnete guten Willens auch in anderen Parteien, die man hierzu motivieren könnte.
Zur Anregunng "Paragraphen, die bei Abschaffung greifen, erläutern" Da gibt es eine Menge verschiedene Paragraphen die in verschiedenen Teilbereichen greifen - bei Prostitution der 215 a oder 214 oder bei Personen die eine Bedeutung der Handlung nicht einsehen können z.B der 205. Ich verweise nochmals darauf, dass man bis zur Abschaffung des 209 auch nicht auf die Idee gekommen ist, dass hier Handlungsbedarf besteht.
Zur Anregunng "Anfragebeantwortung der "Homosexuelle Initiative" (HOSI)": Prostitition Minderjähriger ist bereits durch § 215a strafbewehrt. Ich kann somit mit der Aussage der HOSI Wien wenig anfangen. "(1) Wer eine minderjährige Person, mag sie auch bereits der Prostitution nachgehen, zur Ausübung der Prostitution oder zur Mitwirkung an einer pornographischen Darbietung anwirbt oder einem anderen zu einem solchen Zweck anbietet oder vermittelt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer eine minderjährige Person, die der Prostitution nachgeht oder an einer pornographischen Darbietung mitwirkt, ausnützt, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden. (2) Wer die Tat gegen eine unmündige Person, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter Anwendung schwerer Gewalt oder so begeht, dass durch die Tat das Leben der Person vorsätzlich oder grob fahrlässig gefährdet wird oder die Tat einen besonders schweren Nachteil für die Person zur Folge hat, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. (2a) Wer wissentlich eine pornographische Darbietung, an der eine mündige minderjährige Person mitwirkt, betrachtet, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen. Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ist zu bestrafen, wer wissentlich eine pornographische Darbietung, an der eine unmündige Person mitwirkt, betrachtet. (3) An einer pornographischen Darbietung wirkt mit, wer dabei eine auf sich selbst reduzierte, von anderen Lebensäußerungen losgelöste und der sexuellen Erregung eines Betrachters dienende geschlechtliche Handlung an sich selbst, an einer anderen Person oder mit einem Tier vornimmt, eine solche geschlechtliche Handlung an sich vornehmen lässt oder auf solche Weise seine Genitalien oder seine Schamgegend zur Schau stellt."
Stellungnahme der HOSI Tirol:
Heute war Post von der HOSI Tirol in meinem Mailpostfach.
Meine Frage: Zitat: "Hallo Markus, mein Name ist Harald Bauer und ich habe in der Piratenpartei einen Programmantrag zur Streichung des § 207 b eingebracht. Nach meinen Recherchen wurde der 207 b de facto als Ersatz für den Verfassungswidrigen § 209 gestrickt und wird seither einseitig gegen homosexuelle Mäner angewandt. Einer meiner Parteifreunde hat nun ein Schreiben an die HOSI Wien geschickt, und eine Antwort erhalten, die meiner Argumentation einigermassen widerspricht. Ich war bisher immer der Meinung, dass das Thema Prostitution Minderjähriger bereits durch § 215 a hinreichend strafbewehrt ist und der 207 b diesbezüglich also für eine Strafverfolgung nicht gebraucht wird. Mich würde dehalb interessieren, ob die HOSI Tirol das genau so sieht, wie die HOSI Wien ??? Insbesondere würde mich interessieren, ob die HOSI Tirol einen Erhalt des 207 b für notwendig erachtet ??? Über eine rasche Antwort würde ich mich freuen. Besten Dank im Voraus! LG, Harald Bauer alias "VinPei" "
Die Antwort der HOSI Tirol: Zitat: "Hallo Harald Sorry erstmal für die späte Antwort, erstens musste ich die Rückmeldungen des Vorstands abwarten und zweitens musste ich mich selbst erst mal schlau machen. Wir sehen das wie das Rechtskomitee Lambda das der Meinung (auch die Position von Experten) ist, dass die anderen Bestimmungen reichen und das Problem der Jugendprostitution (im Gegensatz zur Kinderprostitution) nicht Kriminal-Repression zu lösen sondern nur mit nachgehender akzeptierender Sozialarbeit. Lieben Gruß Markus (PS: Grundsätzlich bin ich für die Reduktion der Gesetzesflut - nach dem Motto: gerade soviel wie nötig sind! - Aber das ist meine persönliche Meinung)"