Meinungsbild
Das Liquid soll zusätzlich zur derzeitigen Kettendelegation auch Präferenzdelegation bereitstellen und diese auch in Kombination ermöglichen.
Präferenzelegation bedeutet, dass das Mitglied seine Stimme an andere, die es entsprechend seiner Präferenz reiht, direkt delegiert. Stimmt die erste Präferenz nicht direkt ab, wird die Stimme auf die zweite Präferenz übertragen und so weiter.
In Kombination würde das bedeuten, dass die nächste Präferenz nur zum tragen kommt, wenn die vorherige Präferenz nicht durch Kettendelegation bis zur Abstimmung gelangt. Dadurch kann auch an Mitglieder, die häufig gar nicht abstimmen (oder weiterdelegieren), delegiert werden ohne dadurch seine Stimme zu verlieren.
Der Delegierende soll für jede Delegation aktiv die Weiterdelegation verhindern können (opt-out) oder für jede Delegation aktiv die Weiterdelegation erlauben können (opt-in). Der User soll in seinen Einstellungen zwischen opt-out und opt-in entscheiden können, wobei opt-out die Voreinstellung ist. (Eventuell soll das Mitglied auch eine beliebige Maximallänge für jede Kette definieren können.) Dadurch kann die Präferenzdelegation auch ohne Kettendelegation verwendet werden; umgekehrt kann auch nur die Kettendelegation verwendet werden indem nur eine Präferenz angegeben wird.
Mithilfe einer Negativliste soll das Mitglied kontrolle darüber erhalten, an welche Nutzer jedenfalls nicht delegiert wird. Bei einer kombinierten Präferenz- und Kettendelegation wird dann die Stimme auf die nächste Präferenz übertragen.
Es soll auf Seiten er Administratoren möglich sein die Kettendelegation bzw. die Präferenzdelegation für bestimmte Themenbereiche und für bestimmte Abstimmungs-Regelwerke entsprechend der gerade gültigen Liquid-Democracy-Ordnung für alle Mitglieder zu deaktivieren.
Begründung
Das Meinungsbild soll der AG Liquid die Möglichkeit geben entsprechende Programmierarbeit in diese Richtung zu leisten. Deswegen habe ich absichtlich noch keinen Änderungsantrag eingebracht, da mir bewusst ist, wieviel Arbeit dahinter steckt. Die AG Liquid soll nicht unnötig unter Zugzwang stehen. Falls das Meinungsbild angenommen wird wäre meiner Meinung nach der nächste Schritt die AG Liquid mit der Programmierarbeit zu beauftragen.
Ich habe mir erlaubt einige Argumente aus dem Wiki der Piratenpartei Deutschland sinngemäß in das Meinungsbild zu übernehmen (die Bayrischen Piraten verwenden "Pirat Feedback" mit reiner Präferenzdelegation).
- Man hat besser unter Kontrolle, an wen die eigene Stimme geht.
- Die Stimme geht immer nur an Teilnehmer, an die man selbst delegiert hat. Im "Pirate Feedback" mit einer reinen Präferenzdelegation gibt es keine Weitergabe der Stimme. Dadurch ist im Voraus leichter abzuschätzen, an wen die Stimme letztlich gehen wird.
- Man muss bei der Auswahl der Delegierten weniger Kompromisse machen.
- Bei der Kettendelegation muss man auch darauf achten, ob der Delegierte auch regelmäßig selbst teilnimmt oder seinerseits delegiert. Ansonsten steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Stimme verloren geht. Dies sorgt dafür, dass eher an lange Delegationsketten und somit Superdelegierte delegiert wird. Auch muss man darauf achten, an wen der Delegierte delegiert und an wen diese Teilnehmer wiederum delegieren. Ansonsten könnte die Stimme leicht bei Teilnehmern landen, die man definitiv nicht unterstützen wollte. All diese Probleme gibt es bei der reinen Präferenzdelegation nicht mehr. Ich kann direkt auswählen, wen ich für kompetent halte. Falls er selten teilnimmt, macht das nichts, dann kommt der nächste in meiner Präferenzliste. An wen er delegiert interessiert mich auch nicht, da er meine Stimme ja nicht weitergeben kann.
- In der kombinierten Form (aber auch bei reiner Kettendelegation) könnte die Negativliste diese Problem beheben. Wenn meine Stimme zu jemandem wandert, dem ich nicht vertraue wandert meine Stimme an die nächste Präferenz (bzw wird nicht delegiert).
- Das kombinierte System würde den Nutzern die Vorteile beider Systeme zur Verfügung stellen.
- Jeder Nutzer kann sein Delegationsverhalten selbst bestimmen. (Es kann in jedem Themengebiet auf andere Weise delegiert werden. Kombiniert delegiert werden, also: Wenn die erste Kette nicht abstimmt, dann geht meine Stimme an die nächste Kette. Ketten können bei "unliebsamen" Mitgliedern unterbrochen werden.)
- Die Idee, dass entlang dieser Kette die Kompetenz im jeweiligen Thema ansteigt, wird beibehalten: Meines erachtens ist das eine wichtige Eigenschaft, besonders, wenn die Mitgliederzahlen steigen. Aber die Diskussion über die Vorteile- und Nachteile einer reinen Präferenz soll an anderer Stelle geführt werden. Hier geht es um die Erweiterung der Möglichkeiten.
- Ein gut programmiertes System würde eventuell ermöglichen künftig gemeinsam mit den deutschen/bayrischen Piraten das Liquid Feedback Programm voranzubringen.
- Technisch gesehen haben die Bayrischen Piraten anscheinend ein funktionierendes reines Präferenzwahlsystem. Dieses kann dank seiner offenen Lizenz frei mit dem unsrigen kombiniert werden. Die kombinierte Funktion ist dennoch auch technisch mehr als nur ein Zusammenfügen beider Funktionen, die bayrische Version bietet jedoch eine fundierte Vorlage.
- Wenn die Kettendelegation von den Admins ausgeschalten werden kann, könnten die Bayern es genauso verwenden. Gegebenenfalls könnten die beiden Versionen zusammenfinden.
Gegenanträge
Ich hätte gerne Vermieden diese Diskussion hier zu führen, und wäre lieber beim technischen geblieben, aber gut:
Nur Präferenzdelegation wie Pirate Feedback der Bayern-Piraten
Der bayrische Pirat, Andi Popp, der anscheinend die Präferenzwahl vorgschlagen hat, argumentiert in seinem Blog (den die bayrische Piratenwiki verlinkt), folgendermaßen:
- "In einem System mit einfacher Delegation gebe ich meine Stimme an jemanden weiter, dem ich ein gewisses Vertrauen entgegen bringe. Bei der Mehrfachdelegation wird dieser Effekt chaotisch. Ich habe keine Kontrolle mehr darüber, wo meine Stimme landet. Vielleicht landet sie über ein paar Ecken bei jemandem, dem ich explizit nicht vertraue."
- Ein Mitglied, das genau das befürchtet, kann sich entscheiden nur die Präferenzdelegation zu verwenden.
- Mithilfe einer Negativliste können explizit einzelne Mitglieder als nicht vertrauenswürdig eingestuft werden.
- " So haben einige wenige bekannte Piraten sehr viele Delegationen auf sich konzentriert. Dies sorgt dafür, dass – besonders bei stark umstrittenen Abstimmungen – das Ergebnis nur noch von wenigen Personen – häufig gar nur einer – abhängt. ... Lösungsvorschlag für dieses Problem: Die Stimmgewichtsbeschränkung: Ersetzt man allerdings die Kettendelegation durch die Präferenzdelegation, löst sich dieses Problem in Wohlgefallen auf. Delegiert ein Stimmberechtigter auf eine Person die bereits »voll« ist, so kann er einfach auf der Präferenzliste weiter gehen."
- meiner kurzen Recherche zufolge haben die bayrischen Piraten diese Einschränkung nicht implementiert.
- Wenn man das System größer denkt, also zB auf ganz Österreich (von den technischen Problemen und der geheimen Wahl abgesehen), dann wird klar, dass ein "Politiker" oder Blogger oder sonst eine Person des öffentlichen Lebens durchaus Stimmen akkumulieren können soll. Die Eleganz des Systems wäre ja gerade, dass es Rückwärtskompatibel ist: wer nix vom neuen Zeug wissen will wählt weiterhin eine Partei oder deren Spitzenkandidaten. Die Machtkonzentration ist also zu einem gewissen Grad gewollt. Dennoch gehört dieses Problem diskutiert. Zum Beispiel könnte einschränkend eine Regelung verhindern, dass eine Mehrheit über nur eine Person zustande kommt.
- "Das Argument der Alternativinitiative i3893 Initiative) ist, dass man bei einem Mischsystem Kettendelegation/Präferenzdelegation besser unter Kontrolle hat, bei wem die eigene Stimme landet, als bei purer Kettendelegation. Dieses Argument ist zwar richtig, aber nur die halbe Wahrheit, denn noch besser als beim Mischsystem hat man bei purer Präferenzdelegation Kontrolle und Mitbestimmungsmöglichkeiten, bei wem die eigene Stimme landet."
- Genausogut könnte man behaupten, dass man bei nur wenn man selbst abstimmt die volle Kontrolle hat. Wer nicht möchte, dass seine Stimme weitergegeben wird, soll es so einstellen (opt-out) oder die Alternativinitiative für opt-in vorreihen. Die opt-out Variante ist mit dem derzeitigen System 100% rückwärtskompatibel: auch ohne wissen um diese möglichkeit kann wie bisher delegiert werden.
Zu "Voreinstellung prägt das System"
"bei standardmäßiger Option der Präferenzvollmacht": Das trifft auf diese Initiative nicht zu! Das opt-out bedeutet ja, dass die Voreinstellung Kettendelegation ist. Dadurch wird die Präferenzdelegation nur angewandt, wenn der erste Kettendelegierte diese verfallen lässt. Ich könnte also an meinen Freund A delegieren und zusätzlich, falls dieser nicht weiterdelegiert oder abstimmt, an einen anderen Freund B, damit dieser dann weiterdelegiert oder abstimmt. (Kann es sein, dass das negativargument hier falsch gelandet ist und eigentlich der opt-in Initiative gilt?)