Das ist Postgender
Der Postgender-Ansatz geht davon aus, dass Geschlecht und sexuelle Ausrichtung genau wie die Hautfarbe und ähnliche Persönlichkeitsmerkmale kein Anlass für Diskriminierung sein dürfen. Anders als der Feminismus oder (oft) der aktuelle Zeitgeist, erledigt Postgender die sogenannte positive Diskriminierung durch Quoten oder Sprachvorschriften wie das generische Femininum als nicht zielführend. Vielmehr soll die Gleichberechtigung vorgelebt werden, um die positiven Effekte hervorzuheben. Das Geschlecht wird einfach überall als Kriterium ausgeblendet, egal ob es um Postenbesetzung oder sonstige Aufgaben geht. Dieser sogenannte dekonstruktivistische Ansatz soll bei den Piraten verinnerlicht, und im Kontakt mit anderen Organisationen und der Bevölkerung konsequent beworben werden.
Es nützt dem Anliegen der Gleichstellung nichts, wenn sich Frauen oder die Queer-Community untereinander treffen und sich untereinander bestätigen, dass sie gerne gleichberechtigt wären. Es sind die Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die von der Gerechtigkeit überzeugt werden müssen, und davon, dass einige gängige Praktiken und Haltungen es nicht sind. Dies ist unter anderem möglich, indem auf die positiven Effekte des höheren Frauenanteils in höheren Positionen in jenen Ländern, in denen die Frauenquote eingeführt wurde, hingewiesen wird. "Die Welt wäre dann schöner" ist kein Argument. Bei Entscheidungsträgern zählen nur Ergebnisse und die Aussichten darauf.
Das Gendern der Sprache ist ein Irrweg. Das führt nur zu (berechtigten) Abwehrreaktionen in der Gesellschaft. Diese sind nicht Folge eines unterschwelligen Chauvinismus, sondern verständliche Auswirkung der Abgehgobenheit der gegenderten Sprache, die mit der Alltagssprache der Menschen wenig zu tun hat, und mit den Anforderungen an geschliffene, gut lesbare Texte, die verkaufen und überzeugen müssen schon gar nicht. Das Getrommel um Gendering führt auch zu einer steigenden Politikverdrossenheit, weil es von der Bevölkerung zurecht als Abgrenzung der herrschenden Klasse vom gemeinen Volk empfunden wird, genau wie das Beamtendeutsch, hinter dem rhetorisch geschulte Personen aus Politik und Wirtschaft gerne ihre wahren Anliegen verbergen. Die deutsche Sprache bietet in den allermeisten Fällen ausreichend Möglichkeiten, Dinge geschlechtsneutral zu formulieren. Mit ein wenig gutem Willen können also gerade in der Amtssprache Binnen-I und generisches Femininum gänzlich vermieden werden, ohne daß als diskriminierend empfundene maskuline Formen eingesetzt werden müssen.
Auch Quoten sind immerwieder ein Grund, die Ansätze des Feminismus als Bevormundung zu empfinden. Viel sinnvoller sind hier optimierte Ausschreibungsverfahren, die Bewerbungen von unabhängigen Instanzen anonymisiert und ohne Angabe des Geschlechts bewerten. Für die ungleiche Bezahlung gleicher Arbeit müssen gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die auch durchsetzbar sind. Dazu muss auch massiv Aufklärung betrieben werden, und es bedarf auch einer größeren Zahl von Anlaufstellen für Diskriminierte, wo die Identität der Personen vertraulich behandelt wird, um negative Folgen der Anzeigen zu verhindern. Was die Ungleichbehandlung nämlich bis heute möglich macht, ist die Angst der Diskriminierten vor den Folgen einer Auflehnung gegen diese Ungerechtigkeit.
Postgender ist auch ein laizistischer Ansatz. In den meisten Religionen ist der Frau eine untergeordnete Rolle zugedacht, und andere Geschlechter sind als widernatürlich verachtet oder sogar geächtet. Religiöse Unterweisung ist in den meisten Gesellschaftsschichten Teil der frühkindlichen Erziehung, weshalb auch deren Vorurteile und negativen Bewertungen aller Geschlechter und sexuellen Ausrichtungen außer dem hetero-Mann den Kindern frühzeitig eingeprägt werden. Um in einer modernen Gesellschaft noch ein Existenzrecht zu besitzen, müssen sich die Religionen hier entweder anpassen, oder aus dem Leben der Menschen verschwinden, weil sich Postgender demnächst durchsetzen wird, da dieser Ansatz der einzig gerechte für die Zukunft ist.