Ich beantrage die Aufnahme des Positionspapieres Laizismus in das Programm der Piratenpartei Österreichs, um weitere Forderungen dahingehend entwickeln zu können.

Text

Die Piraten fordern die strikte Trennung von Staat und Religion.

Die Republik Österreich hat allen sich auf ihrem Staatsgebiet befindlichen Personen die Gewissen- und Religionsfreiheit zu gewährleisten. Religionsfreiheit umfasst das Recht auf freie Wahl der Religion sowie das Recht auf Freiheit von Religion.

Dementsprechend soll die Bundesregierung Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl mit dem Ziele aufnehmen, Konkordat und andere zwischen diesem und der Republik Österreich abgeschlossene Verträge aufzulösen.

Die Republik Österreich hat sich gegenüber Religionen und Weltanschauungen neutral zu verhalten. Die unterschiedliche Anerkennungspraxis von Kirchen und Religionen in Österreich widerspricht dieser von der Republik selbst postulierten Neutralitätspflicht.

Strafverfolgungen aufgrund des § 188 des Strafgesetzbuches (StGB – Herabwürdigung religiöser Lehrern) sind einzustellen und dieser Paragraph aufzuheben.

Jedes Eintreten für religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt aufgestachelt wird, ist im Sinne des Artikels 20 des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte zu verbieten. Der Staat hat darüber zu wachen, dass auch Religionslehrer bei Zuwiderhandeln gegen diese Bestimmung zur Verantwortung gezogen werden. Der Hinweis auf Tatsachen betreffend die Involvierung von Kirchen oder Religionsgesellschaften in vergangene oder gegenwärtige Verbrechen wie Menschenverbrennungen oder Kinderschändungen darf nicht als Eintreten für religiösen Hass angesehen werden.

Aus dem Prinzip der Gleichheit aller vor dem Gesetz heraus ist nicht einzusehen, warum ein Geistlicher im Falle der Verhaftung anders zu behandeln sind als andere Personen und im Sinne des Artikels XX des Konkordats „mit der seinem Stande und seinem hierarchischen Grade gebührenden Rücksicht behandelt werden“ soll.

Die Einhebung der Kirchensteuer durch den Staat soll abgeschafft werden. Kirchen und Religionsgesellschaften sollen ihre Finanzierung ausschließlich selbst in die Hand nehmen.

Das der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche eingeräumte Privileg der Entsendung eines Vertreters in den Publikumsrat gemäß § 28 des ORF Gesetzes ist abzuschaffen.

Der Religionsunterricht in öffentlichen Schulen soll durch einen Ethikunterricht für alle ersetzt werden. Religionen und Weltanschauungen sollen in diesem Unterricht gleichermaßen behandelt und nach wissenschaftlichen Kriterien verglichen werden.

Dementsprechend sind Kruzifixe oder andere religiöse oder weltanschauliche Symbole aus Schulgebäuden des Bundes und der Länder zu entfernen bzw. deren Anbringung zu untersagen.
Dementsprechend sind auch die nur für die römisch-katholische und für die evangelische Kirche vorgesehenen Sitze im Publikumsrat des ORF zu streichen.

Auch treten die Piraten auch dafür ein, dass die Republik Österreich die Praxis der gesetzlichen Anerkennung von Kirchen oder Religionsgesellschaften einstellt und die Gesetze, die eine solche Anerkennung ausdrücken, aufhebt oder im Sinne des Prinzips der Trennung von Staat und Religion abändert. Im Falle der Änderung ist auf die Gleichbehandlungen aller Religionen und Weltanschauungen zu achten, Diskriminierungen sind zu vermeiden und notwendige Anpassungen an geltende EU-Vorschriften vorzunehmen.

Weiters treten die Piraten dafür ein, finanzielle Zuwendungen an Kirchen und Religionsgesellschaften einzustellen, die lediglich deren Aufrechterhaltung, der Erleichterung der Religionsausübung oder der Missionierung dienen. Die steuerliche Absetzbarkeit von Beiträgen an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften ist einzustellen oder auf andere Weltanschauungsgemeinschaften auszudehnen.

Religiöse Gebäude sind von den sie benützenden Kirchen – oder Religionsgesellschaften zu erhalten. Staatliche Zuwendung für die Erhaltung religiöser Gebäude sollen im Einzelfall nur dann möglich sein, wenn Kirche bzw. Religionsgesellschaft bewiesen hat, dass sie das Gebäude nicht aus eigenem Vermögen oder Einkünften erhalten kann.

Die Republik Österreich soll entsprechend ihrer finanziellen Zuwendungen Einfluss auf Projektauswahl und Personalverwaltung von karitativen Organisationen wie Caritas geltend machen, um Ungleichgewichte zugunsten einer Religion oder Weltanschauung hintanzuhalten.

Auch konfessionelle Privatschulen, die Zuwendungen von der Republik erhalten, sind dazu zu verpflichten, das von der Republik zu garatierende Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit ihrer Schüler und Angestellten zu respektieren.

Ebenso soll nur die Republik in den von ihr erhaltenen theologischen Fakultäten in personeller und administrativer Hinsicht bestimmend sein.

Die bisher von Militärseelsorgern erbrachten Leistungen sollen von gesetzlich geprüften Lebens- und SozialberaterInnen oder PsychologInnen erbracht werden.

Die Nachfrage nach dem religiösen Bekenntnis ist aus amtlichen Formularen zu entfernen.
 

Begründung:

In Österreich gibt es keine Trennung von Kirche und Staat. Konkordate mit der römisch-katholischen und gesetzliche Sonderstellungen für andere Kirchen und Religionsgesellschaften haben ein Geflecht zwischen Staat und Religion geschaffen, die Privilegien und in einem modernen, post-feudalen Staat überflüssige gegenseitige Abhängigkeiten schaffen.

Die Geldflüsse des Staates, d.h. des österreichischen Steuerzahlers an die verschiedenen Kirchen und Religionsgesellschaften, sind erheblich und oft nicht nachvollziehbar. In Österreich gibt es 14 solcher gesetzlich anerkannten Vereinigungen.

In Österreich ist die größte religiöse Vereinigung nach wie vor die römisch-katholische Kirche. nachdem die Kirche das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes verkündete, wurde ein erstes Konkordat aus 1855 im Jahre 1874 formell aufgehoben. Auch den heutigen Piraten ist jedes Unfehlbarkeitsdogma zutiefst zuwider.
Während der austro-faschistischen Diktatur wurde ein neues Konkordat mit dem Heiligen Stuhl ausgehandelt und 1934 in Kraft gesetzt (BGBl. Nr. II/1934). 1957 wurde das Konkordat von der neuerstandenen Republik Österreich anerkannt. Auf eine Kündigungsklausel wurde verzichtet, doch sind viele Bestimmungen in der Zwischenzeit obsolet geworden.

Das Konkordat sieht in seinem Artikel V vor, dass die wissenschaftliche Heranbildung des Klerus an den vom Staate zu erhaltenden katholisch-theologischen Fakultäten oder an den von den zuständigen kirchlichen Stellen errichteten theologischen Lehranstalten zu erfolgen hat. Die innere Einrichtung sowie der Lehrbetrieb der vom Staate erhaltenen katholisch-theologischen Fakultäten unterliegt dem Kirchenrecht und kirchlicher Zustimmung. Abgesehen davon, dass sich die Republik Österreich damit dem Recht eines autokratisch geführten und Frauen diskriminierenden Völkerrechtssubjektes unterwirft, widerspricht diese Vorgehensweise dem Verfassungsgrundsatz der Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre.

1960 wurde dann zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl ein Vertrag zur Regelung vermögensrechtlicher Beziehungen mit dem Ziel abgeschlossen, da Konkordat aus 1934 zu ändern und zu ergänzen (BGBl. Nr. 195/1960). Mit einem sechsten Zusatzvertrag wurden 2009 u.a. jährliche Zuwendungen der Republik an die Katholische Kirche auf € 17.250.000 erhöht (BGBl. III Nr. 120/2009). Weiters verpflichtete sich darin die Republik, die Kirchenbeiträge weiter einzuheben, wobei die römisch-katholische Kirche darüber frei verfügen darf. Auch dieser Vertrag aus 1960 enthält keine Kündigungsklausel.

Ein weiterer Vertrag aus 1962 über die Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich regelt mit dem Schulwesen zusammenhängenden Fragen (BGBl. Nr. 273/1962). In diesem Vertrag verpflichtete sich der Staat, „den gesamten Personalaufwand für alle Religionslehrer an den öffentlichen Schulen“ zu übernehmen. Allein für das Schuljahr 2011/2012 sind das Kosten von fast € 82 Mio.
Immerhin behielten sich die Republik die Republik bei diesem Vertrag aus 1962 vor, „bei wesentlicher Änderung der derzeitigen Struktur des öffentlichen Schulwesens oder wesentlicher Änderung der staatsfinanziellen Lage Verhandlungen über eine Modifikation des Vertrages zu begehren“. Beide Bedingungen für eine Neuverhandlungen liegen vor.

Der Gleichheitsgrundsatz gebietet zudem, dass jedermann die Gewissens- und Religionsfreiheit unter gleichen Bedingungen und soweit das öffentliche Interesse dem nicht entgegensteht, zu erlauben ist. Das öffentliche Interesse ist insbesondere dann verletzt wenn Handlungen aus einem religiösen und weltanschaulichen Motiv gesetzt werden, die gegen die Gesetze der Republik verstoßen.

Zur Wahrung der Interessen der Hörer und Seher wurde am Sitz des Österreichischen Rundfunks ein Publikumsrat eingerichtet. § 28 des ORF Gesetzes sieht vor, dass die römisch-katholische und die evangelische Kirche je ein Mitglied in den Publikumsrat zu entsenden. Dies stellt nicht nur gegenüber anderen Kirchen und Religionsgesellschaften dar, sondern auch gegenüber der Gruppe de Konfessionslosen ein nicht zu rechtfertigendes Privileg dar.

Vielen Kirchenvertreter leiten die Existenzberechtigung ihrer Kirche stark von ihrer gemeinnützigen Arbeit ab. Allerdings werden z.B. die Kosten für Caritas, die sich jährlich über eine halbe Milliarde Euro belaufen, zu weniger als 5% von der römisch-katholischen Kirche getragen. Die Republik soll daher entsprechend ihren Einfluss auf Projektauswahl und Personalverwaltung geltend machen, um Ungleichgewichte zugunsten einer Religion oder Weltanschauung hintanzuhalten.

Die römisch-katholische Militärseelsorge hat der Republik Österreich alleine im Jahre 2010 € 2.820.000.- an Personalkosten und rund € 80.000.- an Sachaufwand gekostet. Für die evangelische Militärseelsorge sind rund € 1.080.000.- an Personalkosten und rund € 18.000.- an Sachaufwand entstanden.
Durch die steuerliche Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages sind dem Staat von 2009 bis 2012 Steuergelder in Höhe von etwa € 420 Mio. entgangen. begünstig sind allerdings nur gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaften und nicht andere Weltanschauungsgemeinschaften.

€ 286,4 Mio. zahlt das Unterrichtsministerium jährlich allein für konfessionelle Privatschulen, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen.
 

Referenzen

www.parlament.gv.at
derstandard.at
derstandard.at/
othes.univie.ac.at
www.bmukk.gv.at
www.ots.at
www.ots.at

Alte LQFB-Initiative + BGV 2012

In der vorhergenden Liquid-Feedback-Instanz wurde bereits einmal darüber abgestimmt weshalb ich den Antrag auf Aufnahme zu dieser BGV eingebracht habe. Leider ist es sich zeitlich nicht ausgegangen darüber abzustimmen, daher nochmals eine direkte Initiative.

Hier der Link zur ursprünglichen Abstimmung

https://lqpp.de/int/at/initiative/show/149.html

28 / 8 / 5 - Angenommen